Gräfin Theda Schule

aus: Gerhard Canzler: "Alt-Norden", Weener 1997
mit freundlicher Genehmigung durch
Druckerei und Verlag, H. Risius KG, Weener

Die Geschichte der früheren Gräfin-Theda-Schule ist mit dem gleichnamigen Schulgebäude an der Gartenstraße, seit wenigen Jahren Kreismusikschule und Kreisbildstelle, eng verbunden, erhielt doch im Frühjahr 1912 die seit 1873 bestehende Städtische Höhere Töchterschule Norden mit diesem Neubau ein eigenes Domizil.

Bis 1873 gab es in Norden lediglich eine Private Töchterschule, die wahrscheinlich im Revolutionsjahr 1848 auf Initiative weitsichtiger Norder Bürger gegründet wurde. Damit entsprach man damals dem Wunsch einer breiten Bevölkerungsschicht, gleichsam als Pendant zu dem ehemals nur von Jungen gesuchten Ulrichsgymnasium, eine Mädchenschule einzurichten, die erhöhte Bildungsanforderungen stellte und den Übergang zu weiterführenden Schulen, vor allem dem Oberlyzeum in Emden, ermöglichte.

In den ersten Jahren war die Private Töchterschule zunächst in dem heute noch vorhandenen unscheinbaren Gebäude der Neueweger Schule (Neuer Weg 78), später in verschiedenen Privathäusern untergebracht. Ab 1867 fand der Unterricht im Stegmannschen Hause am Markt, danach im Pfarrhaus der Reformierten Kirchengemeinde an der Großen Hinterlohne statt.

1873 wurde aus wirtschaftlichen Gründen die Privatschule in die Städtische Höhere Töchterschule umgewandelt und zunächst in der 1864 erbauten, inzwischen längst verschwundenen Gewerbeschule an der Mühlenstraße untergebracht. So konnten die lediglich in den Abendstunden benötigten Räume der Gewerbeschule während des ganzen Tages genutzt werden. (An der Stelle steht heute das Geschäftshaus Wulff & Flentje.)

Der Unterrichtsplan sah ab 1874 für die Vorschule, für die sogenannte 4. Klasse, neben 3 Wochenstunden Religion 10 Stunden Deutschunterricht, 2 Stunden Anschauungsunterricht, 5 Stunden Rechnen, 2 Stunden Gesang und 2 Stunden Handarbeit (Nadelarbeit) vor. In den oberen Klassen wurde über diesen Elementarunterricht hinaus Unterricht in Englisch, Französisch, Geschichte, Geographie, Naturkunde, Schreiben und Zeichnen erteilt.

1874 besuchten insgesamt 72 Schülerinnen die „Anstalt“. Diese Zahl stieg erst um die Jahrhundertwende nennenswert an. An „Eintrittsgeld“ für die Unterstufe mussten 15 Groschen, für die Oberstufe 1 Thaler gezahlt werden. Außerdem hatten die Schülerinnen regelmäßig Schulgeld zu entrichten. Es betrug in Klasse V 39 Mark und stieg dann bis Klasse I auf 93 Mark jährlich an.

Dem langjährigen Leiter der Schule, Direktor Jungk, standen mit dem „Lehrkörper“ zwei „für den höhren Töchterschul-Unterricht geprüfte“ Lehrerinnen und ein seminaristisch ausgebildeter Lehrer zur Verfügung. Die Schulordnung verpflichtete jede Schülerin ausdrücklich „zu unbedingtem Gehorsam gegenüber sämtlichen Lehrern respektive Lehrerinnen der Anstalt“ und sorgte für einen exakt geregelten Unterrichtsablauf.

Das neue Schulgebäude an der Gartenstraße, die „Gräfin-Theda-Schule“, konnte im Frühjahr 1912 fertig gestellt werden. Dieses Gebäude, seinerzeit schon mit einer Warmwasserheizung ausgestattet, erhielt neben einer ausreichenden Zahl von Klassenräumen eine Aula und eine eigene Turnhalle. Dies galt für die damalige Zeit als außergewöhnlich fortschrittlich. 1912 besuchten 165 Schülerinnen in 10 Klassen die Schule. Damals unterrichteten 11 Lehrkräfte an der Schule. Im Jahre 1927, als die einstige Mädchenschule in eine Mittelschule für Mädchen und Jungen mit dem Abschlussziel der Mittleren Reife umgewandelt wurde, besuchten 218 Schüler/innen die Schule. Diese Zahl stieg bis zur Umbenennung der „Mittelschule“ in „Realschule Norden im Jahre 1965 auf 510 an.

Mit dem Neubau an der Osterstraße zum späteren Schulzentrum Ekel, durch den weiteren Anstieg der Schülerzahlen erforderlich, ging die Schulträgerschaft von der Stadt Norden auf den damaligen Landkreis Norden über.

Leider ist der altehrwürdige Name der „Gräfin-Theda-Schule“ für das neue Schulgebäude im Schulzentrum Ekel nicht übernommen worden, lebt aber in der Erinnerung vieler ehemaliger Schülerinnen und Schüler der guten alten „Theda-Schule“ an der Gartenstraße weiter.

Dieses Gebäude an der Gartenstraße, heute sind dort die Kreismusikschule und die Kreisbildstelle untergebracht, beherbergte von 1912 bis zum Neubau der damaligen Kreisrealschule (heute: Realschule Norden) an der Osterstraße 1969 die Gräfin-Theda-Schule.

 

Auswärtige Schülerinnen, die es sich leisten konnten, kutschierten in den 20er und 30er Jahren zur Gräfin-Theda-Schule nach Norden. Zumeist wurden die Kutschen bis zum Unterrichtsende am Neuen Weg abgestellt. Diese Aufnahme zeigt drei Theda-Schülerinnen vor der Bäckerei Gerdes, offenbar auf dem Heimweg befindlich. Die Schülerinnen trugen damals eine Matrosenmütze mit der Aufschrift „Gräfin-Theda-Schule“.

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